Autismus-Spektrum-Störung

“Ein Kind berechnet eine hochmathematische Formel, die sonst nur ein Computer lösen kann und fasziniert die Spitzenmathematiker dieser Welt. Eine besondere Fähigkeit in beeindruckender Ausprägung, die die Schwierigkeiten im kommunikativen Bereich und der sozialen Interaktion fast schon vergessen lässt.”

Für Einige ist das die Vorstellung von Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung. In der Realität ist Autismus weitaus vielseitiger. Durchaus können Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung gute Leistungen in der Schule erzielen, das Abitur oder gar ein Studium absolvieren. Oftmals bedeutet Autismus jedoch, ein Leben lang auf Hilfe angewiesen zu sein. Häufig wird Autismus von einer Schwer- oder Mehrfachbehinderung begleitet mit teilweise fehlendem Sprachgebrauch und -verständnis. Daraus resultiert nicht selten herausforderndes Verhalten. Zusätzlich können ein veränderter Schlafrhythmus, Magen-Darm-Störungen oder andere Begleiterkrankungen eine große Hürde für Angehörige darstellen.

Doch eines ist festzuhalten: Autismus ist besonders und vor allem individuell. Eine autismusspezifische Förderung, die auf die persönlichen Bedürfnisse ausgerichtet ist, kann zu einer Entfaltung der vorhandenen Potenziale und zu einer positiven Entwicklung beitragen.

Autismus

Symptome

Hilfe

Diagnose

Was ist Autismus?

Autismus wird als medizinische Diagnose in der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“ ICD-10 den „tiefgreifenden Entwicklungsstörungen“ und ICD-11 den „neuronalen Entwicklungsstörungen“ zugeordnet. 

Es handelt sich hierbei um eine komplexe Störung des zentralen Nervensystems mit unterschiedlich starken Auswirkungen auf die Wahrnehmungsverarbeitung. Daraus resultieren in der Regel Beeinträchtigungen im sozialen und kommunikativen Bereich und unter Umständen auch in der Sprachfähigkeit und dem Sprachverständnis. Autismus ist zudem meist von einem streng routinierten Verhaltensmuster mit engem Interessenrahmen gekennzeichnet.

Da Autismus eine große Bandbreite an Symptomen mit sich bringen kann, die sich unterschiedlich auf den Entwicklungsstand, die Fähigkeiten und die Bedürfnisse auswirken, wird der medizinische Fachbegriff Autismus-Spektrum-Störung verwendet. Daher ist kein Mensch mit einer Autismus-Spektrum-Störung mit einem anderen zu vergleichen. Autismus zeigt sich je nach Ausprägung, möglichen Komorbiditäten und persönlichem Charakter immer anders. 

Welche Formen von Autismus gibt es?

Autismus ist keine Krankheit, die sich anhand einer festen Symptom-Checkliste klar von anderen unterscheiden lässt. Es ist eine neuronale Entwicklungsstörung, deren Vielzahl an Erscheinungsbildern eine konkrete Abgrenzung erschwert. Verschiedene Autismus-Typen können daher kaum eindeutig definiert werden. Ob die bislang kategorisierten Autismus-Formen im Laufe der medizinischen Entwicklung dauerhaft Bestand haben werden, ist ungewiss. Nach wie vor wird hauptsächlich zwischen folgenden Autismus-Formen unterschieden:

Asperger-Syndrom

Das Asperger-Syndrom gilt als eine schwächere Form von Autismus. Im Gegensatz zum frühkindlichen Autismus verläuft die Entwicklung im sprachlichen und kommunikativen Bereich weitestgehend unauffällig. Auch die Umgebungswahrnehmung und andere Entwicklungsschritte weisen unter Umständen nicht direkt auf eine Autismus-Spektrum-Störung hin. Im motorischen Bereich können sich Entwicklungsverzögerungen zeigen. Diese Autismus-Form tritt insbesondere im Vorschul- oder Schulalter zum Vorschein, da sich hier Schwierigkeiten beim Lernprozess, der Interaktion im Schulkontext und dem Umgang mit anderen Kindern ergeben.

Frühkindlicher Autismus

Frühkindlicher Autismus tritt meist weit vor dem dritten Lebensjahr in Erscheinung. Die Abweichung oder das Fehlen von typischen Entwicklungsschritten in den ersten Lebensmonaten können entscheidende Hinweise geben. Der frühkindliche Autismus gilt als schwerste Autismus-Form mit besonders starker Ausprägung. Nicht selten bringt diese Form der neuronalen Störung eine Intelligenzminderung und/ oder Schwer- oder Mehrfachbehinderung mit sich. Dies wirkt sich stark auf die Sprachentwicklung aus, die entweder langsam verläuft oder ausbleibt. Da Sprache und Kommunikation wichtige Voraussetzungen zur Teilhabe darstellen, arbeitet das Team des Autismus Zentrums kontinuierlich mit den Klient*innen an der Kommunikations- und Sprachförderung, damit Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung eine Chance haben, sich mit dem Umfeld auszutauschen. 

Atypischer Autismus

Der atypische Autismus weist ähnliche Merkmale auf wie der frühkindliche Autismus. Hierbei treten erste Hinweise erst nach dem dritten Lebensjahr auf oder es sind nicht alle Diagnosekriterien für einen frühkindlichen Autismus erfüllt.

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass sich eine spezielle Autismus-Form nicht immer eindeutig feststellen lässt, weshalb die Tendenz dahin geht, von einer konkreten Typisierung einer Autismus-Spektrum-Störung zukünftig abzusehen.

Autismus – Ursachen und Symptome

Autismus wird nach ICD-10 als tiefgreifende Entwicklungsstörung eingestuft. Wie es zu einer solchen neuronalen Störung kommt, ist bislang unbekannt. Dennoch zählen erbliche Faktoren als eine der Hauptursachen bei der Entstehung von Autismus. 

Autismus gilt als angeboren und kann sich entgegen früherer Ansichten nicht erst im Laufe der Zeit entwickeln. Wann erste Anzeichen zu erkennen sind, hängt von der jeweiligen Ausprägung und dem Schweregrad ab.

Grundlegend weisen Betroffene folgende Diagnosekriterien auf:

  • erschwerte soziale Interaktion
  • Beeinträchtigung in der Kommunikation und ggf. der Sprache
  • Verhaltensauffälligkeiten

Mögliche Komorbiditäten, Zusatzdiagnosen und Verhaltensweisen können stark voneinander abweichen, sodass sich kein einheitliches Erscheinungsbild definieren lässt. Autismus ist vielschichtig und kann unterschiedliche Verhaltenssymptome aufweisen.

Für die Diagnose Autismus muss nicht jedes dieser Verhaltenssymptome vertreten sein.

Leichte Ausprägungen können sich unter Umständen lediglich auf die oben genannten Grund-Diagnosekriterien beschränken. Autismus hat demnach ein sehr weitreichendes Ausprägungsfeld, das sich nicht pauschalisieren lässt. 

Dazu kommen ganz persönliche Charaktere, Interessen, Vorlieben oder Toleranzschwellen, wie auch bei Menschen ohne Autismus-Spektrum-Störung. Manche sind laut und offensiv. Andere eher zurückhaltend und in sich gekehrt. Die einen betrachten das Leben und was es mit sich bringt entspannt und sind geduldig im Umgang mit anderen und bei den nächsten löst jede Abweichung von den eigenen Vorstellungen oder Gewohnheiten einen Wutanfall aus. So ist es auch bei Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Es fehlt ihnen dabei nur meist die Möglichkeit, sich richtig mitzuteilen. Sie können mitunter nicht erklären, wie es ihnen in einer bestimmten Situation geht und warum dieses oder jenes genau das Gefühl in ihnen auslöst, das sie in dem Moment haben. Dazu kommt, dass die Fähigkeit fehlt, die ihnen innewohnenden Gefühle zu zeigen. Eine individuelle Förderung kann Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung helfen zu lernen, sich Anderen ein Stück mehr mitzuteilen, um ihre Bedürfnisse besser verstehen zu können. 

Mögliche Verhaltenssymptome von Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung:

 

  • kaum oder kein Interesse an der Umgebung oder dem Umfeld
  • kein oder extrem starker Ausdruck von Gefühlen, wie z.B Freude (Händeflattern)
  • mangelndes Empathieempfinden
  • ungewöhnliches Nähe-Distanz-Verhalten
  • teilweise sehr hohe Persönlichkeitssphäre
  • Vermeidung von Blickkontakt
  • Hand-Leiten
  • Fokussierung von Teilaspekten eines Gegenstandes
  • Bewegen oder Drehen von Gegenständen direkt vor den Augen
  • Suche nach Möglichkeiten, den Körper zu spüren (Druck, Stöße)
  • geringe bis keine Gefahrenabschätzung
  • ggf. Schwierigkeiten bei der Tiefenwahrnehmung und der Feinmotorik
  • starke Irritation bei neuen Ereignissen
  • niedrige Toleranzschwelle bei Reizüberflutung
  • verändertes Schmerzempfinden
  • selbstverletzendes und/ oder aggressives Verhalten

Autismus – Welche Möglichkeiten und Hilfen gibt es?

Autismus ist keine Krankheit, sondern eine neuronale Störung, die nicht heilbar ist. Autismus verschwindet auch nach einer Therapie nicht. Doch es gibt einige Möglichkeiten, auf die Verhaltenssymptome einzuwirken und die Entwicklung positiv zu beeinflussen. Der beste Weg Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung zu begegnen, ist Verständnis für ihre ganz besondere Sicht auf die Dinge und ihre individuellen Bedürfnisse aufzubringen. Das Team vom Autismus Zentrum hat sich darauf spezialisiert, Kinder, Jugendliche und Erwachsene ganzheitlich und unter Berücksichtigung des persönlichen Entwicklungsprofils zu fördern. Unser Leistungsspektrum umfasst die ambulante und teilstationäre Förderung sowie ein Freizeitangebot im niedrigschwelligen Bereich.   

Ziel dieser bedürfnisorientierten Förderung ist es, Teilhabebarrieren abzubauen, indem in den Fördereinheiten erlernte Kompetenzen in andere soziale Umfelder transferiert werden. Förderschwerpunkte sind unter anderem:

  • Kommunikation
  • Wahrnehmung
  • soziale Interaktion und emotionale Entwicklung
  • alltagspraktische Fähigkeiten
  • exekutive Funktionen
  • Initiieren eines förderlichen Umfeldes

Konkrete Zielstellungen orientieren sich dabei immer an den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten. Eine autismusspezifische Förderung kann einen großen Anteil dabei leisten, den Alltag besser zu bewältigen. Sie begleitet und unterstützt den Weg in Richtung Selbstständigkeit. 

Wie wichtig ist eine Diagnose bei Autismus?

Viele Eltern fürchten sich vor der Diagnose Autismus. Doch eine frühzeitige Diagnose ist der Schlüssel zu einer positiven Entwicklung. Je früher Hilfestellung beim Entwicklungsgeschehen geleistet wird, desto besser finden sich Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung im Familienkontext und langfristig auch im Leben zurecht. Eine eindeutige Diagnose bedeutet Entlastung, bedarfsgerechte Förderung, Krisenintervention und schafft Optionen, Kräfte wieder aufzutanken, zuverlässige Ansprechpartner*innen zu haben, die Betroffene und Angehörige über Jahre hinweg begleiten und unterstützen. 

Dieser Weg beginnt mit einer fachgerechten Diagnose, denn nur darauf kann eine individuell zugeschnittene Förderung aufbauen. Auch für den Erhalt des Pflegegrades und für die rechtliche Anerkennung einer Behinderung (GdB) ist eine Diagnose unerlässlich. Es ist empfehlenswert, sich in fachärztliche, auf Autismus spezialisierte Hände zu begeben. Hier finden Sie die uns derzeit bekannten Anlaufstellen.